Liebe Leser,
sind wir ehrlich miteinander: einen Bericht über ein Turnier zu schreiben, wo man jedes Spiel verloren hat, löst beim ersten Gedanken daran nicht gerade grenzenlose Euphorie aus. Es fühlt sich eher so an, als hätte man die Aufgabe bekommen, heitere Anekdoten über die letzte Wurzelbehandlung beim Zahnarzt zu verfassen. Und wenn man sich dann – so wie ich gerade – im ersten Satz selber dramaturgisch abschießt und alle Ergebnisse ausplaudert, macht es die Lage nicht einfacher. Blickt man jedoch ein bisschen genauer auf das letzte Wochenende zurück, dann findet man (wie überall im Leben) auch hier durchaus positive, lehrreiche und auch lustige Ereignisse.
Beginnen wir von vorne:
Pfingsten! Während es am Pfingstwochenende die Leute alle Jahre wieder je nach Glaubensrichtung in die Kirche, zum Wirten oder auf die Berge zieht, treibt es eine kleine Gruppe von Menschen bei schönstem Wetter in fensterlose Hallen: die Volleyballer, die sich für die ÖMS qualifiziert haben. In unserem Fall (und damit sind wir schon beim ersten positiven Punkt) war diese Gruppe alles andere als klein. Während sich bei vielen Teams die ÖMS-Besetzung auf Spieler + 2 Coaches beschränkt, reisten bei uns zahlreiche Eltern und Geschwister mit nach Linz und sorgten sowohl optisch (dazu kommen wir später) als auch akustisch für einiges Aufsehen in der Halle. Wir sind nämlich kein „normaler und gewöhnlicher“ Volleyball Verein. Die Sportunion z+p St. Pölten hat Spieler, Fans und Familien, von denen andere nur träumen können. Ausgestattet mit neuen Dressen und einheitlichen Fan T-Shirts sind wir also nach Linz aufgebrochen. Unsere grundsätzlich immer gute Stimmung erlitt jedoch schon vor der Abreise einen empfindlichen Dämpfer. Wer meinen Bericht über die U18 ÖMS gelesen hat, wird sich an manche Vergleiche mit den antiken Griechen erinnern. Ich möchte noch einmal kurz eine griechische Metapher heranziehen: wer auch immer im Olymp für die heurige U16-ÖMS der USP zuständig war hatte im Vorfeld des Turniers äußerst selten Parteienverkehr. Frei nach dem Motto „Traditionen muss man pflegen“, bekamen wir auch heuer wieder in der ersten Runde den späteren Turniersieger und zig-fachen österreichischen Meister zugelost: die HotVolleys aus Wien. Doch die waren nicht einmal unsere größte Sorge. Wesentlich mehr beschäftigte uns die Hiobsbotschaft schlechthin: Felix, unser Kapitän und Hauptangreifer, ist am Tag der Abreise mit 39 Grad Fieber von der Schule nach Hause gekommen. Trotz einer schauspielerischen Leistung, die ihn zum Favoriten für die nächstjährige Oskar-Verleihung macht (versucht mal selber mit 39 Grad Körpertemperatur eure Mutter davon zu überzeugen, dass ihr total fit seid und dass der Fiebermesser exakt 36,7 Grad anzeigt): einer Mama reicht in so einer Situation ein Blick, und alles ist klar. Und das ist auch sehr gut so. Und wenn es schon schief läuft, dann wenigstens richtig: auch große Teile des restlichen Stammpersonals waren deutlich angeschlagen. Luki (Kopf und Aufspieler der kompletten Saison und der erfolgreichen Medaillenmannschaft des letzten Jahres) und Davi – el muralha („die Mauer“) – unser Mittelblocker, der im wahrsten Sinn des Wortes alle anderen in den Schatten stellt), hatten zwar kurz vor dem Turnier das ärztliche OK für einen Einsatz bekommen – es wusste jedoch niemand, wie lange sie spielen können.
Die Anreise selber verlief weitestgehend ereignislos, bis auf eine Lektion, die mich meine Spieler lehrten: sie sind zu körperlichen Leistungen fähig, die für mich nicht mehr denkbar sind. Wenn ihr, geschätzte Leser, so wie ich von euch behaupten müsst, in den 70´er Jahren geboren worden zu sein, dann werdet ihr vermutlich auch gelegentlich in Lebenssituationen kommen, in denen ihr feststellen müsst: „früher ging das einfacher“. Im konkreten Fall: versucht mal, euch in die standardmäßige „U16-Automitfahrer-Körperhaltung“ zu begeben: macht den Rücken rund und neigt den Kopf 90 Grad nach unten (das muss so sein, weil man sonst nicht den idealen Blickwinkel zum Handy hat). Und dann verbleibt einmal nur ein paar Augenblicke in dieser Position. Echte Profis (= U16 Spieler) schaffen das mühelos von St. Pölten bis Linz. Warnung an alle, die sich in meinem Alter befinden: bitte macht das wirklich nur für ein paar Augenblicke nach!!! Solltet ihr diese Warnung ignoriert haben, und nun nicht mehr in die Ausgangsposition zurückkommen: meldet euch bei meiner Frau (Coach Regina) – die kann euch helfen.
Das Turnier selber begann also mit unseren alten Bekannten aus Wien. Während die HotVolleys in Bestbesetzung antraten, merkten wir sehr schnell, was uns im Laufe des Turniers erwarten würde. Durch die Ausfälle mussten wir alles, was wir trainiert hatten über Bord werfen, und die meisten Jungs mussten auf einer für sie völlig neuen Position spielen. Das ist schon für alte Volleyball Veteranen oft unangenehm – für eine Mannschaft, die zu einem Teil aus Spielern besteht, die gerade ihr erstes Jahr am Großfeld absolvieren, ist das jedoch wirklich bitter. Um wieder die positiven Seiten zu betonen: jeder der Jungs gab in allen Spielen sein absolut Bestes und auf dem Spielfeld spielten sich großartige Szenen ab. Wenn man als Coach seine Mannschaft ansieht, und 12 Augen voller Fragezeichen schauen zurück, dann sorgt das für die ein- oder andere Schweißperle auf der eigenen Stirn. Auch die Schiedsrichter sahen einige Aufstellungsvarianten, die bis Dato im Volleyballsport unbekannt waren. Aber gemeinsam konnten alle Beteiligten wieder ihre Plätze finden – teilweise unter Mithilfe der älteren Mitspieler, die die jüngeren Jungs einfach aufhoben und wieder auf ihren plangemäßen Platz stellten, teilweise dank der beiden gestikulierenden Coaches und teilweise haben auch die Schiedsrichter kurz das Regelwerk außer Acht gelassen und sich zufällig sehr laut darüber unterhalten, wer gerade wo stehen sollte. Auch von den mitgereisten Fans kamen dezente Hinweise („du musst nach rechts gehen … NEIN – das andere Rechts!!!“). Auch wenn es zeitweise wild ausgesehen hat: die Jungs haben im Laufe dieses Turniers sicher jede Menge gelernt. Auch spielerisch konnten alle weit über ihren Schatten springen, und ich bin wirklich stolz auf alle Spieler. Im letzten Spiel hätten wir uns wirklich einen Sieg verdient gehabt. Es sprang auch ein Satzgewinn heraus, aber im Endeffekt landeten wir auf dem 12. Platz. Coach Smail und ich haben es schon während des Turniers mehrmals gesagt: es gibt in Österreich eine sehr große Zahl an Volleyballmannschaften, die sich für eine ÖMS qualifizieren wollen. Nur 12 davon schaffen es, und wir waren eine davon. Alleine das ist ein sehr großer Erfolg, und wenn uns zu Beginn der Saison jemand gesagt hätte, dass wir an der ÖMS teilnehmen, dann hätten wir das dankend angenommen. Ich bin wirklich extrem stolz auf die Jungs!!!
Daniel: du hast heuer verletzungsbedingt einige Wochen verpasst und außerdem war es bis zuletzt nicht klar, auf welcher Position du spielen wirst. Dennoch warst du oft ein Ruhepol für das Team und du hast, obwohl das Läufersystem für dich auch recht neu ist, die Jüngeren dirigiert und dafür gesorgt, dass alle wissen, wo sie hingehören (meistens zumindest ). Und du hast, obwohl du dich am letzten Tag verletzt hast, die Zähne zusammengebissen und dem Team geholfen!
Davi: Für dich war es heuer ein sehr kompliziertes Jahr. Du musstest mehrere Comebacks feiern, und bist jedes Mal noch stärker zurück gekommen. Mit deinen Blocks bist du inzwischen von der U16 bis zum Bundesjugendbewerb in ganz Österreich bekannt und du bist zusätzlich zu deiner spielerischen Stärke einer der freundlichsten Menschen, die ich kenne. Du brauchst nicht viele Worte um ein besonderer Mensch zu sein.
Dominik: auch bei dir hat heuer das Verletzungspech zugeschlagen, und du hast gleich einmal den ersten Teil der Saison komplett verpasst. Dennoch hast du das Versäumte mehr als aufgeholt. Du musstest in der letzten Woche vor der ÖMS die Position wechseln, und hast das sehr gut hinbekommen. Ich weiß, dass du selbst sehr kritisch dir gegenüber bist. Das ist einerseits gut, aber vergiss nicht, dass es vieles gibt, auf das du heuer sehr stolz sein kannst. Und du hast die Tipps zu deinem Service super umgesetzt, und einige großartige Serien hingelegt.
Felix: Ich weiß, wie weh es dir getan hat, dass du nicht nach Linz fahren konntest. Du hättest dort sicher das Zeug gehabt, einer der ganz großen Spieler zu werden. Du hast heuer so viel für das Team getan und sehr maßgeblich dazu beigetragen, dass wir überhaupt zur ÖMS fahren konnten. Und auch wenn das Netz für dich ab der kommenden Saison nur mehr ausschließlich in 2,43m Höhe hängen wird: du wirst auch dort ein ganz Großer bleiben. Danke und Gratulation für deine super Saison heuer!!!
Levi: du hattest zu Beginn der Saison ca. 2 Wochen Zeit, um in die Rolle des Mittelblockers zu wachsen und warst sofort eine wichtige Stütze für die Mannschaft. Während des Turniers musstest du plötzlich auf einer anderen Position aushelfen, und obwohl dich das verständlicher Weise sichtlich gestresst hat, warst du sofort bereit, dem Team zu helfen und du hast keine Sekunde gezögert. Ich habe dich heuer einmal bei einem Beachvolleyballturnier gesehen und weiß daher, was bei dir noch alles möglich sein wird – auch in der Halle.
Lorenz: deine Begeisterungsfähigkeit ist bewundernswert. Du bist bei jedem Training und bei jedem Turnier mit voller Euphorie dabei und du steckst damit auch deine Umgebung an. Nächstes Jahr wirst du hoffentlich ein bisschen früher schlafen können . Du hast heuer ein paar Mal beim Einschlagen Bälle abbekommen und warst trotzdem jeder Zeit für einen Einsatz bereit (obwohl es dir am liebsten gewesen wäre, dass die, die dich mehrmals abgeschossen haben, gesperrt werden).. Wenn du so weiter übst, dann wird im kommenden Jahr sicher auch das Sprungservice klappen .
Lukas: ich weiß, dass für dich ein Spagat körperlich kein Problem ist. Spielerisch musstest du heuer einen weitaus schwierigeren Spagat schaffen. Du spielst in so vielen Teams und hast daher vom Superstar bis zum Neuling alle Varianten dabei und musst dich mit allen arrangieren. Das macht es sicher nicht einfach. Du machst im SLZ eine spezielle Ausbildung zum Libero (was nicht zu übersehen ist, wenn man dich spielen sieht). Dennoch hast du heuer in der ganzen Saison als Aufspieler das Team geführt und aufgrund der spielerischen Notsituation warst du dann bei der ÖMS plötzlich Außenangreifer. Und du hast alles für das Team gegeben und dich von einer Verletzung in Rekordzeit zurückgearbeitet, um für deine Kollegen da zu sein. Man hat dir bei einigen Situationen angesehen, dass dir sowohl der Spielstand als auch dein Knöchel Schmerzen bereiten, und trotzdem hast du nie aufgehört, die Jungs anzufeuern und zu unterstützen.
Timo: du bist der Spieler mit der meisten Erfahrung im ganzen Team. Heuer warst du ohne zu murren überall da, wo wir dich gebraucht haben, und du hast Diago, Mittelblocker und Aufspieler gespielt. Obwohl du das während der ganzen Saison sehr selten gemacht hast, bist du bei der ÖMS sofort in die Position des Aufspielers geschlüpft und hast das Team sehr souverän geführt. Und du hast einmal gegen einen Spieler geblockt, der um ca. 2 Köpfe größer war als du. Wenn ich deinen Gesichtsausdruck richtig gelesen habe, warst du selber „ein bisschen“ überrascht davon . Außerdem hast du durch eine Erfahrung sehr viel Übersicht, die du sehr gut einsetzen kannst. Du schaust dich kurz um, und siehst sofort, wohin du servieren musst. Das ist eines der vielen Zeichen, wie gut du bist!
Tobias: ich habe dir letztes Jahr geschrieben, dass du dich erfolgreich in die Mannschaft gespielt hast. Heuer bist du wieder einen großen Schritt weiter gekommen und du bist inzwischen einer der Führungsspieler – auch wenn dich das zeitweise noch ein bisschen stresst . Du hast bei dieser ÖMS extrem viel gespielt, weil die meisten Annahmen über dich gelaufen sind. Und du hast trotz Schmerzen viel angegriffen und warst gemeinsam mit Luki Topscorer. Deine Aufschläge bringen unsere Gegenspieler reihenweise zur Verzweiflung. Danke, dass du mir so vertraust, und es zulässt, dass ich während des Spiels nicht dein Papa, sondern dein Coach sein kann.
Xaver: Du bist der Jüngste und der Kleinste von der ganzen Mannschaft und du hast Spielern gegenübergestanden, die 2m groß waren und schon einen Bart hatten. Es ist beeindruckend wie mutig du bist – sowohl was riesige Gegner betrifft als auch deine Offenheit, bei einer ÖMS auf einer Position zu spielen, die du noch nie davor hattest. Im Training hast du schon super Service-Serien hingelegt, und ich freue mich schon sehr darauf, was nächstes Jahr alles von dir kommen wird.